Welche Fragen sind jetzt wesentlich? – Der Blick ins Jetzt

Im Auge des Sturms herrscht Ruhe, und genau dort befinden wir uns nun: das öffentliche Leben ist auf das Minimum reduziert, und wir sind angehalten, alle Aktivitäten in unsere Wohnungen und unser soziales und berufliches Leben in den virtuellen Raum zu verlagern.

Zugleich ist es für viele eine Zeit enormer Hektik, Arbeitsüberlastung und menschlichen Leids.

Um uns herum herrscht ein unterschiedliches Ausmaß an Turbulenzen, Unsicherheiten und Ängsten. Manche von uns sind in starkem Ausmaß auf sich selbst zurück geworfen, da sie alleine leben; manche von uns stehen vor der Herausforderung (realistisch: Unmöglichkeit), berufliche Aufgaben, Haushalt und Ersatzlehrertum unter einen Hut zu bringen; manche von uns haben alle Hände voll zu tun, ihr Unternehmen für Teleworking auszustatten, in Windeseile heraus zu finden, wie online-Zusammenarbeit funktionieren kann, oder welche Maßnahmen nun zu setzen sind, um das Überleben der Organisation zu sichern.

In so einer Situation beschleunigt sich alles, Handlungsdruck entsteht, und wir laufen Gefahr, vor lauter Notfallprogrammen in Aktivismus zu verfallen und die wesentlichen Fragen des Moments zu übersehen – denn gerade die wesentlichen Fragen erfordern Innehalten, zur Ruhe kommen, Achtsamkeit (Gewahrwerden)  – kurz: den Luxus der Langsamkeit inmitten von Entscheidungsdruck.

Es sind aber gerade die wesentlichen (und nicht allein die dringenden) Fragen, die den künftigen Erfolg von Organisationen beeinflussen. Genauer gesagt: es geht jetzt auch darum, sich der wesentlichen Fragen bewußt zu werden und sich ein Stück Zeit für die Arbeit auf der Metaebene zu nehmen, damit übersehene Schlüsselfragen nicht zu unübersehbaren Stolpersteinen werden. Ein inneres Klarwerden über die wesentlichen Fragen dieser Tage ist auch die Voraussetzung dafür, dass gute Antworten entwickelt werden können. Denn ohne gute Frage keine gute Antwort!

Aus Perspektive der systemischen Organisationsberatung könnten diese Fragen in der jetzigen Situation lauten:

  • Wie erhalten wir trotz home office die (Zusammen-)arbeitsfähigkeit?
  • Wie können wir die psychische Gesundheit und Ausgeglichenheit der Mitarbeiter*innen unterstützen?
  • Wie gleichen wir den Verlust der informellen Kommunikationsräume aus?
  • Welche digitalen Tools gibt es, die zu uns passen?
  • Was bedeutet die Situation für die künftige Geschäftsausrichtung?
  • Wie steuern und wie treffen wir gute Entscheidungen, die das Überleben der Organisation sichern, inmitten von Unsicherheit und Komplexität?
  • Welche Art von Organisationskultur brauchen wir, damit unsere Organisation in der aktuellen Situation funktioniert, und wie können wir das Entstehen dieser Kultur unterstützen?
  • Wie geben wir als Führungskräfte jetzt die Sicherheit und Orientierung, die unsere Mitarbeiter*innen brauchen?

Und zu guter Letzt: Wie schaffe ich für mich selbst einen tragfähigen Boden, auf dem Gelassenheit, Souveränität, Vertrauen und innere Klarheit gedeihen können?

Denn genau solch ein Boden wird gebraucht, um wie auf einem Surfbrett gut über die Wellen des Sturms zu reiten.